Mit großer Trauer haben wir vom Tod von Elisabeth Meyer-Renschhausen erfahren.
Elisabeth Meyer-Renschhausen war eines der Gründungsmitglieder der Initiative Berliner Privatdozenten und spielte in dieser in den letzten zwanzig Jahren eine zweifellos tragende Rolle. Dank ihres kämpferischen Temperaments, aber auch ihres unverwechselbar freundlichen und verbindlichen Wesens, ermöglichte und prägte sie für lange Zeit die Treffen und Aktivitäten unserer Initiative entscheidend mit. Elisabeth bezeichnete sich, unbeschadet ihrer wissenschaftlichen Perspektive und ihres weiten Wissenshorizontes, selbst als ‚Lebenskünstlerin‘. Und dies war sie auch, denn sie meisterte die nicht einfache Situation einer freischaffenden und somit über viele Strecken finanziell prekär situierten Intellektuellen mit beeindruckender Bravour und verkörperte dadurch die Existenzform einer Privatdozentin in all ihren Potentialen. Mit ihren schon früh der historischen Frauenforschung sowie den Postulaten sozialer Ökonomie verpflichteten, zunehmend auf landwirtschaftlich-gärtnerische Themen ausgerichteten Fragestellungen, die sich insbesondere in ihrer Habilitationsschrift zur „schwarzen Küche“ und in zahlreichen Einzelpublikationen fokussierten, mit ihren vielfältigen Aktivitäten im Bereich des „urban gardening“, ihrer weitgestreuten journalistischen Tätigkeit, ihren internationalen Kontakten in die USA oder nach Afrika und nicht zuletzt auch mit ihrer Begeisterung für die akademische Lehre, die sie bis zuletzt ausübte, wirkte sie beispielgebend hinsichtlich der Möglichkeiten einer nicht institutionell eingebundenen, dafür umso mehr dem gesellschaftlichen Engagement und einem intrinsisch motivierten Wissenschaftsethos verpflichteten Lebensweise. Sie wird all den ihr freundschaftlich Verbundenen, insbesondere aber ihren zahlreichen Mitstreitern auf intellektuellem und politischem Gebiet schmerzlich fehlen, so auch der Initiative Berliner Privatdozenten.
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© E. Meyer-Renschhausen (2007)
An die Berlin-Seiten der Berliner Morgenpost Sehr geehrte Redaktion, zu Ihrem Artikel „GEW fordert Sonderprogramm Hybrid-Lehre“: die GEW hat sicher recht, längere Verträge für den Mittelbau zu empfehlen. „Kleinere Klassen, kleinere Seminare“ ist Forderung der an guter Bildung für alle Interessierten seit den 1960er (!) Jahren (Georg Picht etc.). Dafür braucht man lediglich eine verstärkte Würdigung des Unterrichts und der Lehre, der Lehrer und Lehrerinnen - inklusiver jener an Hochschulen. Hätten wir kleinere Klassen und Seminare, hätten wir jetzt kein Problem. Die GEW sollte jedoch enger mit der Nachbargewerkschaft „Ver.di“ zusammenarbeiten. Die hat immerhin anerkannt, dass heute bald ein Drittel der Erwerbstätigen als Freischaffende und Freiberufler arbeiten. An den Universitäten beispielsweise als Privatdozenten und -dozentinnen oder Lehrbeauftragte. Diese Gruppe ist i.A. sehr flexibel und könnte mit etwas mehr Anerkennung und besseren Honoraren als bisher - etwa nach Schweizer Vorbild - sofort für kleinere Seminare und Klassen sorgen. Mit vergleichsweise wenig Einsicht, Input und Geldern wäre das Problem, als wahrscheinlich eine der preiswerteren Corona-Abfederungen, gelöst und für Chancengleichheit gesorgt. Freundliche Grüße Elisabeth Meyer-Renschhausen
Die bessere Seite gegen die schiefen Turm von Bologna http://adultsforadults.org
Vorschlag seitens der Initiative Berliner Privatdozenten/innen: Paragraf über Status und Besoldung von Privatdozenten/innen Abs.1: Das Lehrangebot von Privatdozenten/innen ist in die reguläre Lehrplanung akademischer Einrichtungen als integraler Bestandteil des Lehrstoffs an der jeweiligen Einrichtung einzubauen. Abs.2: a) Privatdozenten/innen werden für ihre durchgeführte Titellehre von zwei Semesterwochenstunden in einem Semester mit einem Monatsgehalt von 625 € oder von einer Semesterwochenstunde in zwei Semestern mit einem Monatsgehalt von 313 € besoldet. b) Ausgenommen von dieser Regelung sind Privatdozenten/innen, die in einem festen Arbeits-/Dienstverhältnis bei einer akademischen oder nichtakademischen Institution stehen und ein festes Einkommen beziehen. In diesen Fällen entfällt das Monatsgehalt und es wird stattdessen eine Semester-Unterrichtsgeldpauschale in Höhe von 150 € pro Semesterwochenstunde gewährt. c) Für die Abnahme von Prüfungen im Grundstudium und im Aufbaustudium sowie auf bei Promotionen erhalten Privatdozenten/innen eine abgestufte Besoldung (100 € pro Prüfung/Gutachten auf der Ebene des Grundstudiums, 200 € pro Prüfung/Gutachten auf der Ebene des Aufbaustudiums und 300 € bei Promotionen). Abs.3: Privatdozenten/innen können Forschungsprojekte für sich und für wissenschaftliche Mitarbeiter beantragen und eine besoldete Leitungsfunktion im Rahmen bewilligter Projekte ausüben. Abs.4: Privatdozenten/innen sind von der Befristung eines bezahlten Beschäftigungsverhältnisses bei akademischen Institutionen befreit, soweit ihre Besoldung durch Drittmittel oder eigene Mittel der jeweiligen Institution ermöglicht wird. Abs.6: Privatdozenten/innen haben das aktive Wahlrecht zu Vertretungen und Steuerungsgremien an den akademischen Einrichtungen, denen sie angehören. Abs.7: Für Habilitierte wird ein zehnjähriges Stellensonderprogramm geschaffen, um einen ausgewogenen Übergang bis zur Verwendung der positiv evaluierten Juniorprofessoren und „Tenure Track“-Professoren sowie die Behebung von gegebenen Lehrangebotsengpässen sicherzustellen.
Begründung: 1. Im Jahr 2016 gab es 6609 Privatdozenten/innen, die an deutschen Universitäten mehrheitlich ohne Entgelt für ihre Leistungen lehrten. Davon sind 1075 an Berliner Hochschulen tätig. Aus dieser Gruppe befinden sich 261 in einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis, nämlich im Fachbereich Medizin. Von den restlichen, über alle Fachbereiche verteilten 814 Privatdozenten/innen verfügen nur 57 über einen regulären Arbeitsvertrag mit akademischen Institutionen. Alle anderen 757 arbeiten jahraus, jahrein unterhalb des Minimums für erbrachte Leistungen in der deutschen Arbeitswelt: Die Unterrichtsgeldpauschale für ein Seminar mit 2 Semesterwochenstunden (SWS) beträgt 153,38 €. Es durften vor der letzten Novellierung des Hochschulgesetzes vier Lehrveranstaltungen (8 SWS) angeboten werden, mit denen Privatdozenten/innen ein Jahreseinkommen von höchstens 613,52 € bekamen. Seit 2011 ist die Pflichtlehre jedoch auf nur zwei SMS begrenzt, die Privatdozenten/innen als Leistung erbringen müssen, um die Lehrbefugnis nicht zu verlieren, aber auch nunmehr nur erbringen dürfen. Wollen sie mehr Lehrveranstaltungen anbieten, dann müssen sie Lehraufträge dafür bekommen, die so gut wie keine akademische Institution wegen „Mittelknappheit“ mehr vergibt.
Dieser Betrag, der an deutschen Universitäten seit Ende des 19. Jahrhunderts festgeschrieben ist, hat symbolischen Charakter und steht in keinem Verhältnis zur Besoldung von Lehraufträgen und zu den Gehältern der verschiedenen Kategorien von Professoren. Dabei bieten Privatdozenten/innen, die die Lehrbefugnis erworben haben, Lehrveranstaltungen an, die erfahrungsgemäß und wie dokumentiert ist a) die gleiche wissenschaftliche Qualität wie die Lehrveranstaltungen etatisierter Professoren aufweisen, b) von Studierenden stark bis massenhaft besucht sind, und c) von den Universitäten zwecks Behebung von Engpässen voll genutzt werden, die durch steigende Studentenzahlen und Abbau von Dauerstellen entstehen. Beim unentgeltlichen Einsatz von 757 Privatdozenten/innen ersparen Berliner Universitäten Ausgaben in Höhe von mindestens 984 000 € jährlich, wenn man einmal allein von einer Bezahlung der Titellehre in Höhe eines Lehrauftrags ausgeht, auf Kosten der häufig in prekären Umständen lebenden Privatdozenten/innen.
2. Privatdozenten/innen befinden sich nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch bezüglich ihrer Einordnung in akademischen Institutionen in einer prekären Lage. Der Politik kann eine gleichgültige bis feindselige Haltung gegenüber Habilitierten nachgesagt werden, die sich ja auf das frühere immobile Qualifizierungssystem und dessen spezifische Förderungsmechanismen eingelassen hab. Trotz höchster Qualifikationen wird diese Gruppe von akademischen Lehrkräften systematisch aus dem ansonsten so hoch gelobten Leistungs- und Arbeitsmarktwettbewerb in Deutschland herausgehalten und an einer sinnvollen Verwertung ihrer Berufsqualifikationen gehindert. Über die Gründe für diese Entwicklung wurde in den letzten 15 Jahren sehr viel geschrieben. Daraus geht die Erkenntnis hervor, dass das der Einrichtung der „Privatdozentur“ zugrundeliegende Wertesystem im Laufe der fortschreitenden Rationalisierung und damit einhergehenden Kommerzialisierung des akademischen Betriebs abgebaut werden musste. Es handelt sich dabei um historische Prozesse, die keiner aufhalten kann und über welche zu jammern niemandem hilft. Es gilt aber, die Schäden, die dabei sowohl für die Opfer dieses Prozesses als auch für das deutsche Hochschulsystem entstehen, zu begrenzen. Es muss verhindert werden, dass die dabei entstehenden Widersprüche und Konflikte allein durch politische Machtentscheidungen geregelt werden bzw. dafür gesorgt werden, dass sie unter Berücksichtigung von Grundsätzen des gesunden Menschenverstands sowie der Kosten und Nutzen von umzusetzenden Problemlösungsansätzen für alle am Geschehen beteiligten Akteure überwunden werden.
Mit Blick auf ihre Anpassung an internationale Standards musste die deutsche Hochschule seit Beginn der Bologna-Reform bekanntlich eine Reihe von Funktionsprinzipien und Idealen opfern, die sich seit der Humboldtschen Reform Anfang des 19. Jahrhunderts als ihre – im weltweiten Vergleich - Alleinstellungsmerkmale als Bildungs- und Forschungsinstitution bewährt hatten. Die Privatdozentur ist eine Einrichtung, mit der in Deutschland der Konflikt zwischen Staat und den nach Autonomie strebenden Universitäten bezüglich der Besetzung von Lehrstühlen durch einen für die Entwicklung des deutschen Hochschulmodells förderlichen Kompromiss gelöst wurde: Der Universität wurde das Recht eingeräumt, qualifizierte Nachwuchsakademiker auf ihre Leistungsfähigkeit hin zu prüfen und ihnen die Lehrfähigkeit zu bescheinigen bzw. die Lehrbefugnis zu erteilen, und den staatlichen Instanzen wurde im Fall der Besetzung eines Lehrstuhls die Entscheidung überlassen, einen Kandidaten aus einer von der Universität vorgelegten Liste von lehrfähigen/-befugten Kandidaten für die Besetzung des Lehrstuhls auszuwählen. Dieses System hatte zwei Vorteile: 1. Der Entstehung von Seilschaften und Inzucht, einhergehend mit der Begünstigung von Mittelmaß im Fall der uneingeschränkten Autonomie der Universitäten sowie der Bürokratisierung, der Einschränkung von Erkenntnishorizonten und der Hemmung von Innovationen im Fall des unbehinderten Zugriffs staatlicher Behörden auf die Universitäten konnte ein Riegel vorgeschoben werden, der Zweihundert Jahre lang (mit Ausnahme jener 12 Jahre! ) gehalten hat, und es konnte 2. ein Maß an Freiheit bei der Suche nach Wahrheit und damit einhergehend an fachübergreifender Wissenserweiterung erzielt werden, das an sonst keinem Universitätssystem zu finden war. Reformen, die von ihren Initiatoren als Diktat des Fortschritts betrachtet werden und denen aber diese Vorteile zum Opfer fallen, müssen kritisch hinterfragt werden.
3. Nun gilt die Institution der Privatdozentur im Zuge der Anpassung der deutschen Hochschule an internationale Standards als anachronistisch. Sie soll unter Verzicht auf ihren Mehrwert für Lehre und Forschung und auf die Erhaltung der für die Wissenschaft lebenswichtigen methodologischen Diversität abgeschafft werden. Ob es dazu kommen wird oder nicht und wie schnell das erfolgen wird, falls es den Kräften der Opposition gegen diese Entwicklung an Stehvermögen fehlen sollte, bleibt zu sehen. Was Privatdozenten/innen jedoch nicht hinnehmen können, ist der Missbrauch von Machtpositionen in zunehmend autonomen Fachbereichen, um sie ( weil sie als unliebsame oder unerwünschte oder überflüssige Konkurrenten erachtet werden ) , als schwächstes Glied in der Betriebskette, aus dem Universitätsbetrieb rechtswidrigen Methoden herauszudrängen. Denn nicht nur die finanzielle Situation führt zur Ausgrenzung der Privatdozenten/innen. Auch auf institutioneller Ebene wird versucht, sie aus dem Universitätsbetrieb auszugrenzen. Der wesentliche Grund für diese Schikanen mag in ihrer institutionellen Unabhängigkeit liegen - sind sie doch in ihrer Arbeit weder den Vorgaben von Politik und Wirtschaft noch denen von Universitätsleitungen oder den Interessen der Kollegen auf festen Stellen unterworfen. Zu diesen Maßnahmen gehört z.B. die rechtswidrige Setzung von Lehrveranstaltungen, die von Privatdozenten/innen angeboten werden, außerhalb der Module im Vorlesungsverzeichnis. Studierende sehen dieses Lehrangebot bei der Erstellung ihres Semesterprogramms also gar nicht oder sie sehen es, besuchen solche Lehrveranstaltungen jedoch nicht, da sie dort keine ECTS-Punkte erwerben können. Protestiert der oder die von der Maßnahme Betroffene gegen eine solche Maßnahme, durch welche er oder sie von ihrer Hörerschaft auf unzulässige Weise getrennt wird, und wird die Zuweisung der Lehrveranstaltung einem Modul doch auf dem Rechtsweg erwirkt, dann sind die ersten Semesterwochen verstrichen und die Studierenden bleiben der Lehrveranstaltung dennoch fern, da sie zu diesem Zeitpunkt ihre Semester-Planung längst abgeschlossen haben und nicht mehr ins Vorlesungsverzeichnis hineinschauen. Bestenfalls findet sich dann noch eine minimale Teilnehmerzahl – die die Institutsleitung bei passender Gelegenheit als weiteren, scheinbar unwiderlegbaren, objektiv-quantitativen 'Beweis' nehmen kann, dass derartige Lehrveranstaltungen von niemandem gewünscht werden.
4. Der Fortschritt in Richtung auf Senkung des Eintrittsalters in eine Professorenlaufbahn, die Qualifizierung für die akademische Lehre auf anderen Wegen als der Habilitation, den Versuch, die Lebenswege für den akademischen Elitennachwuchs berechenbar zu machen und die Erhöhung der Flexibilität der Rekrutierung und der Mobilität von Hochschullehrern ist unaufhaltsam und das will auch niemand aufhalten. Das dabei entstehende Problem einer gesellschaftlichen Gruppe mit über 6 600 hochqualifizierten Mitgliedern, in deren Qualifizierung beträchtliche gesellschaftliche Ressourcen investiert worden sind und deren Wissen und Kompetenzen bei rationaler Nutzung hohe Gewinne für die Gesellschaft produzieren würden, darf nicht mehr aufgrund der kommerziellen Logik gelöst werden. Diese diktiert die „Verschrottung der Habilitierten“. Laut Untersuchung von Sabine Berghahn ist man „im einschlägigen Bundesministerium offenbar weiterhin der Ansicht, dass die meisten Privatdozentinnen und -dozenten das Feld von Hochschule und Forschung auf jeden Fall räumen müssen, damit die Reform zum Erfolg geführt werden kann. Wer jenseits der Vierzig ist und sich schon längere Zeit „übergangsweise“ mit diversen Forschungstätigkeiten, Vertretungsprofessuren oder Lehraufträgen durchschlägt, passt nicht mehr ins Bild der neoliberal gestrafften Hochschulen.“ …“Mit „Verschrottung“ sind das brutale Ausgrenzen und lautlose Abtreten dieser Personengruppe gemeint.“ Faktisch sind sie einem Berufsverbot unterworfen. „Im Gegensatz zum echten Berufsverbot, welches als Sanktion für persönliche Verfehlungen verhängt wird, wirft man den hier Betroffenen lediglich ihr Alter und die Dauer ihrer Vorbeschäftigung vor. Dies sind Eigenschaften, die ihnen in anderen Zusammenhängen des Arbeitslebens zum Vorteil gereichen würden.“ Nach außen hin wird die „Verschrottung“ mit fürsorglichen Argumenten begründet, insbesondere dem Schutz vor unsicheren Kettenarbeitsverträgen und dem Drehtüreffekt von befristeter Arbeit und Arbeitslosigkeit. Unverhohlen schwingt aber das sozialdarwinistische Argument mit, dass, wer es bis weit in die vierziger Jahre seines Lebens nicht geschafft hat, Professor oder Professorin zu werden, sich ein anderes Betätigungsfeld suchen sollte. Das mutet geradezu zynisch an, da der Hochschul-Monopolunternehmer Staat einerseits das Zahlenverhältnis von Qualifizierten und Professorenstellen in der Hand hat und andererseits hier jegliche Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungssituation der „abgewickelten“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ablehnt, obwohl sich damit gleichzeitig auch die desolate Studiensituation in vielen Fächern verbessern ließe.“ Seitens des zuständigen Bundesministeriums verlautet in diesem Zusammenhang die Meinung:„Man könne an der ‚bitteren‘ sozialen Situation vieler Habilitierter nichts mehr ändern. In den Augen der Reformverfechter sind die heutigen Privatdozenten/innen tatsächlich eine ‚verlorene Generation‘, eingeklemmt zwischen den ‚Gewinnern‘, die noch zu den alten, günstigeren Bedingungen in ihre Ämter gekommen sind, und den neu eingeführten Juniorprofessoren, für die neue Konkurrenzbedingungen gelten.“ Diese Verhältnisse bringen untragbare finanzielle gesellschaftliche Verluste und Einbußen an Erkenntnispotenzial und Qualität der akademischen Lehre in Deutschland mit sich. Die Handhabe der Privatdozentur-Frage in dieser Weise ist kein Fortschrittsimperativ, sondern eine Option, die aufgrund einer gegebenen politischen Machtkonstellation gewählt worden ist, sich aus der Perspektive der Kosten-Nutzen-Berechnung als gesellschaftlich schädlich erwiesen hat und durch politische Entscheidungen korrigiert werden kann.
5. Es geht nicht darum, die Einrichtung der Privatdozentur gegen den Fortschrittsstrom aufrechtzuerhalten, sondern um die Schaffung von Übergängen zwischen dem alten und dem neuen System der Qualifizierung von Nachwuchs für die akademische Lehre, bei denen das wertvolle Wissen und die Kompetenzen der Privatdozenten/innen nicht verschleudert wird, sondern in einer für die Gesellschaft sinnvollen Weise genutzt und einer durchaus tragbaren Weise honoriert wird. Als Fortschrittsimperativ darf insofern nicht die Option der „Verschrottung von Habilitierten“, sondern muss eher diese Option der Grundlegung einer „Win-Win-Situation“ für alle Beteiligten betrachtet werden. Das Imperativ der (sogar kostenträchtigen) Erweiterung und Diversifizierung von Lehre und Forschung durch die Schaffung solcher Übergänge ergibt sich aus der Beobachtung besorgniserregender, scheinbar unaufhaltsamer weltpolitischer Trends (Zunahme der Gewalt, Umweltzerstörung, wachsende soziale Ungleichheit), zu deren Eindämmung Academia bisher so gut wie keinen Beitrag geleistet hat. Soll Wissenschaft bei der Lösung von Zukunftsproblemen eine Rolle spielen, so muss deren Diversität politisch gewollt und vorangetrieben werden. Die Stoßrichtung politischen Handelns darf insofern nicht die Reduktion, sondern muss die Hütung und Förderung von Diversität sein. Privatdozenten/innen sind die Träger dieser Diversität. Die Gesellschaft zieht aus ihren Leistungen enorme Vorteile, ohne sie dafür zu entlohnen. Die Aussage, dass es sich bei Habilitierten um Nutznießer eines Status‘ handelt, die keinen Anspruch auf Besoldung erheben dürfen, erweist sich als Teil der Argumentation zugunsten der Wahl einer auf der kommerziellen Logik basierenden und gesellschaftlich verlustreichen Option. Sie muss als falsche Aussage identifiziert und korrigiert werden. Zwar werden sich daraus für die Gesellschaft Kosten ergeben. Bevor die Übernahme dieser Kosten von politischen Entscheidungsträgern abgelehnt wird, muss eine sachliche Kosten-Nutzen-Analyse von Problemlösungsansätzen in Bezug auf die Privatdozentur-Frage im Vergleich zu solchen Ansätzen in Bezug auf die Sicherheitsfrage und die Frage nach den Instrumentarien der Prävention von Finanzkrisen durchgeführt werden.
6. Folgende Überlegungen veranlassen uns deswegen dazu, eine angemessene Besoldung für Privatdozenten/-innen bzw. eine Reform ihres Status anhand des vorgeschlagenen Textes einzufordern: 6.1 Privatdozenten/-innen stellen eine tragende Säule des Lehrbetriebs an Universitäten dar. Ihr qualitativ hochwertiges Lehrangebot, von dem die Universitäten reichlich Gebrauch machen, wird jedoch in keiner Weise honoriert. Ohne die Lehrtätigkeit der Privatdozenten/-innen würden den deutschen Hochschulen enorme Potenziale hinsichtlich des Erwerbs und der Vermittlung von Wissen sowie der erkenntnisfördernden methodologischen Diversität ersatzlos verloren. Um eine Entwicklung in diese Richtung aufzuhalten, ist es notwendig, das Prinzip der unentgeltlichen Lehre zu revidieren. 6.2 In den Geistes- und Sozialwissenschaften ist die Habilitation trotz aller Versuche sie abzuschaffen nach wie vor in der Regel notwendig. Aber auch aus Erkenntnisinteresse und um des Wertes der wissenschaftlichen Arbeit willen halten viele an der Habilitation fest, zumal die Habilitation dem Brauch des „secondbook(s)“ in den USA entspricht. 6.3 a)Auch an der anschließenden Verpflichtung zur Titellehre halten die Privatdozenten/innen fest, wobei letzte auch aus Verantwortung gegenüber den Studierenden übernommen wird. 6.3 b) Die Studierenden sind oft sehr glücklich, endlich einmal wieder ein ihnen näher liegendes Thema bearbeiten zu können. Die Privatdozenten/innen können, weil sie keine Planstellen innehaben, die Themen abdecken, die ansonsten an den Universitäten über die Austeritätspolitik der letzten Jahre verloren gingen und also gar nicht mehr oder nur am Rande vertreten sind, wie z.B. viele Bereiche der systematischen Musikwissenschaft und der Musikethnologie, Regionalstudien Afrika und baltische Länder, Urban Agriculture / Gardening, sowie eine Vielzahl an Überblicksfächern, die infolge der Fragmentierung des Lehrangebots in über 18 000 Fächer an deutschen Universitäten aus den Lehrplänen verschwunden sind. Damit wird mit der Privatdozentur ein wichtiger und erkennbarer Beitrag zur Diversifizierung der Lehre geleistet. Die Lehre der Privatdozenten/innen dient so im Besonderen der Verwirklichung der Ideale von Freiheit und Wahrheit, die ein gesellschaftlich wertvolles öffentliches Gut darstellen resp. Voraussetzung der modernen Demokratie sind. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, das Prinzip der unentgeltlichen Lehre in Zukunft zu revidieren und den Einsatz von Privatdozenten/innen in angemessener Weise zu honorieren. 6.4 Rechtlich gesehen sind die Privatdozenten/innen zur Durchführung von Lehrveranstaltungen einschließlich Vorlesungen und zur Betreuung von Abschlussarbeiten befugt, wofür Lehrbeauftragte, der etatisierte Mittelbau sowie diverse Gruppen von nichthabilitierten Professoren keinerlei Befugnis haben. Dieser Sachverhalt wird in der Universitätspraxis gerne verschwiegen. 6.5 a) Seit der ersatzlosen Abschaffung der Hörergelder 1973 wird die Privatdozentur grundsätzlich nicht bezahlt, obschon sie regelmäßiges Engagement in Forschung und Lehre verlangt. Privatdozenten/innen leisten ihre Dienste an der Gesellschaft, auch dann weiter, wenn sie dafür nicht bezahlt werden. Die einen leben von Hartz-IV, andere von Nebeneinkünften als Taxifahrerinnen oder Kellner. Ohne finanzielle Ressourcen und strukturierte Interessenvertretung bieten sie Lehrveranstaltungen aus ihren jeweiligen Spezialgebieten an, die nachweislich eine Bereicherung für das jeweilige Lehrprogramm darstellen. 6.5 b) Privatdozenten/innen werden auf finanzieller Ebene ins Prekariat gestoßen. Die über 750 Berliner Privatdozenten/innen haben mit ihrer Habilitation die Befähigung zur eigenständigen Lehre und Forschung an Hochschulen erworben. Sie engagieren sich bei Erteilung einer Lehrbefugnis aktiv und mit durchgehend nachweisbaren großen Erfolgen in ihrem jeweiligen Arbeitsfeld in Lehre und Forschung. Sie bilden allerdings deutschland- und vermutlich weltweit die einzige Berufsgruppe, die anerkannter Weise hochwertige Leistungen in ihrer Berufsbranche erbringt, ohne dafür vergütet zu werden. Der Schutz dieser Gruppe vor Prekariat und ihre fortgesetzte Marginalisierung erfordert ein Überdenken des Prinzips der unentgeltlichen Lehre und die angemessene Vergütung von Privatdozenten/innen. 7. Bei der Frage der Besoldung geht es nicht um den Versuch, im Rahmen des bestehenden Systems hier und da an kleine Beträge heranzukommen, die die Verwalter des Systems aus einer ohnehin viel zu geringen und auch schrumpfenden Gesamtmenge herausschneiden sollen, um den Privatdozenten/innen hinzuwerfen. Vielmehr ist die Öffnung einer Budgetlinie erforderlich zwecks Finanzierung eines geordneten Übergangs vom alten zum neuen akademischen Qualifikationssystems. Die Entscheidungsträger müssen jetzt darüber aufgeklärt werden, worin der Nutzen eines solchen Übergangs für alle Beteiligten und nicht nur für die Privatdozenten/innen besteht. Die Bestimmung des Betrags für die Besoldung der Privatdozenten/innen ist durch die jetzt gestellte Forderung rechnerisch an die Gehälter von Professoren im Verhältnis zur Zahl Ihrer Pflichtveranstaltung und ihren angenommenen Forschungsleistungen gegeben . Im Prinzip sollte die Besoldung jedoch als Pauschale festgelegt werden, durch die nicht nur ihre prekäre Situation verbessert werden soll, wenn sie in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen, sondern auch ihre Kompetenzen, Leistungen und der Beitrag, den sie zur Aufrechterhaltung des universitären Betriebs leisten, in angemessener Weise gewürdigt werden müssen.
Die Privatdozentinnen sind die freischaffenden Künstler der deutschen Universitäten. Derzeit tagen die großen Wissenschaftsverbände wie die Deutsche Gesellschaft für Soziologie in Göttingen oder die Historiker in Münster. Während die Historiker wie auch die Philosophen sich mit der seit der Austeritätspolitik (1990/1995/2002) verschärft merkwürdigen Lage der Privatdozenten und Privatdozentinnen angenommen haben, hat man sich interessanterweise seitens der Soziologie mit der Thematik noch kaum befasst. Tatsächlich sind die Privatdozentinnen dem Gesetz nach unbestallte also unbezahlte Hochschullehrer mit allen Rechten und Pflichten. Sie sind keine „Mittelbauer“ und auch nicht auf „Arbeitssuchende“ zu reduzieren, wie man das in der DGS wohl auch tat. Sie sind vielmehr die freischaffenden Künstlerinnen unter den Hochschullehrern der deutschen Universitäten. Ebenso wie seit der Wende in Ostdeutschland nahezu jede® Dritte in die Freiberuflichkeit als Selbständige® gezwungen wurde, sind auch die Privatdozentinnen als freiberuflich tätige Kollegen zu betrachten. Während in den angelsächsischen Ländern der Brauch herrscht, dass etwa bei reduzierten Tagungsbudgets die etatierten Kollegen zugunsten der Freischaffenden auf ihr Honorar verzichten, ist das in der Bundesrepublik Deutschland eher seltener der Fall. Eventuell Ergebnis einer im Prinzip positiven gewerkschaftlichen Orientierung, die jedoch die Tatsache missachtet, dass selten viel mehr als 40 % der erwerbstätigen Bevölkerung eine „sozialversicherungspflichtige Tätigkeit“ beschieden ist. Migranten, Frauen, unangepassten Querdenkern und anderen Künstlernaturen bliebt daher nur der Weg in die Selbständigkeit – soweit unrealistisch hohe Versicherungsbeiträge das zulassen. Als die Freischaffenden unter den Hochschullehrern blieben die Privatdozentinnen auf Grund ihrer besonderen Lage bis zum Lebensende aktiv und können auch nicht „pensioniert“ werden. Meistens reicht ihre Rente ohnehin nicht und zwingt sie daher, weiter aktiv zu sein und sich aus der üblichen interessanten Mischung aus Buch- und Vortragshonoraren und gelegentliche Dozenturen oder Gastprofessuren über Wasser zu halten. Indem die Festangestellten resp. verbeamteten Kollegen sich die Lage der Freischaffenden in den eigen Reihen klar machen und zusehen, die kleinen Schikanen, die die neoliberal gewendeten Unis den Unbezahlten so bereit halten, mindern zu helfen, wird diese Solidarität unter Intellektuellen sich auch auf das Betriebsklima an den Universitäten allgemein positiv auswirken. Eine Verabschiedung der relativen Intellektuellenfeindlichkeit, die in der Missachtung der Privatdozenten angelegt ist, kann die gedrückte Stimmung an den von der Austeritätspolitik gebeutelten Universitäten mindern helfen. Denkbar wäre etwa eine Art Dienst, der freie Gastdozenturen aus den jeweiligen Fachkollegigen vorrangig den PD anbietet oder aber auch Regelungen, die das wissenschaftliche Publizieren von Freien oder Tagungsteilnahmen erleichtern resp. ermöglichen. (E. M.-R.)
Soweit m.E. nichts zu kritisieren. Aber ggf. zu erweitern, vermutlich ist hier auch vieles von den jeweiligen Fächern bzw. dem jeweiligen 'Geist' im Fach abhängig: 1) von Buchhonoraren habe ich in meinem Feld noch nie etwas gehört, man muß froh sein, wenn man nicht „Druckkostenzuschüsse“ selbst bezahlen muß, Vortragshonorare habe ich in meinem ganzen Leben nur 2 je angeboten bekommen, ansonsten referiert man überall gratis, dankt ggf., falls die Reisekosten übernommen werden. Denn: Vortrag gilt als Ehre, also Werbung, also Eigeninteresse des Referenten. 2) Gastdozenturen u. Ä. werden nach denselben Kriterien vergeben wie die festen Stellen, also nur an die Freunde, auch wenn Konkurrenten die 6fache Qualifikation bieten sollten. 3) Die Solidarität mit den Priv.-Doz. ist gering, insonderheit im Hause, denn gerade ihr 'freischaffender' Status macht sie zu gefühlten Geisterfahrern, zu Störenfrieden, die den Schatz der ordinariuseigenen Schüler zu mindern drohen, die ggf. unerwünschte Lehrmeinungen im Hause verbreiten, die durch ihre schiere Gegenwart, also Anrechnung auf das Lehrdeputat des Hauses, verhindern, daß Ordinarius noch mehr Freunde um sich herum anstellen kann … Um Austerität und Wirtschaftsfragen scheint es mir hier im universitären Binnenklima eher nur am Rande zu gehen - da geht es vielmehr um Eitelkeit, Monarchie im Hause u. Ä. Weiter oben, auf politischer Ebene, da sieht man die Priv.-Doz. in der Tat gerne als preiswerte Praktikanten ohne Übernahmegarantie …
FAZ 30.5.18 http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/hoch-schule/bologna-konferenz-in-paris-15612410.html
FAZ 11.7.17 http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/die-erste-inkompetenzkonferenz-in-frankfurt-15100595.html
Sozen. GLS-Bank. Universität Hitten-Herdecke und Bertelsmann https://www.heise.de/tp/features/An-der-Oberflaeche-eine-sozialdemokratische-Deutungshoheit-4056066.html?seite=all
Die Bertelsmann-GLS-Bank-Connection https://www.heise.de/tp/features/Die-Bertelsmann-GLS-Bank-Connection-3928168.html?seite=all
und Rückblick: Die Bertelsmann Stiftung und ihre Verflechtungen https://www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=2144
Die Privatdozentur
von Initiative Berliner Privatdozenten
Das vielkritisierte Zwangskorsett „Bologna-Reform“ zerstört wissenschaftlich sinnvolle Freiheiten an den deutschen Universitäten. Immer mehr greift ein Denken in betriebswirtschaftlichen Kennziffern um sich und die Freiheit von Forschung und Lehre wird zugunsten der wissenschaftsfremden Interessen einer globalisierten Ökonomie, im nationalen und EU-Rahmen gleichermaßen, aufgegeben. Dadurch werden die Universitäten zu Orten einer standardisierten und beschleunigten sowie unkritischen Forschung und Wissensvermittlung.
Dem fällt auch die Privatdozentur zum Opfer, die strukturell diesem Konzept entgegensteht und im Zuge der Anpassung der deutschen Hochschule an internationale Standards als anachronistisch gilt. Es besteht die unübersehbare Tendenz, sie abzuschaffen oder möglichst zu marginalisieren, unter Verzicht auf ihren Mehrwert für Lehre und Forschung und für die Erhaltung der für die Wissenschaft lebenswichtigen methodologischen Diversität. Sollte diese Einrichtung tatsächlich verschwinden, dann gingen den deutschen Hochschulen enorme Potenziale in Hinblick auf Erwerb und Vermittlung von Wissen sowie in Hinblick auf eine möglichst breite erkenntnisfördernde methodologische Diversität ersatzlos verloren. Für die Erhaltung dieser Einrichtung setzen sich einzig und allein die Privatdozenten ein. Sie bilden eine gar nicht so kleine gesellschaftliche Gruppe, die in den Geistes- und Sozialwissenschaften nicht nur ein notwendiges Karrieresprungbrett erkennen (muss), sondern auch aus innerer Verpflichtung und um des Wertes der wissenschaftlichen Sache selbst willen an ihr und der mit ihr verbundenen Pflicht zur Lehre, vielfach auch zu Prüfungen, festhält. Die Privatdozentur wird als solche grundsätzlich nicht bezahlt, auch Spesen werden nicht übernommen (nur im Bundesland Berlin ist ein symbolischer Betrag vorgesehen), verlangt aber regelmäßiges Engagement in Forschung und Lehre. Die einen leben deshalb von Hartz-IV, andere von Nebeneinkünften als Taxifahrer oder Kellner, von den Einkünften ihres Ehepartners u. ä. Die 800 Berliner Privatdozenten und Privatdozentinnen beispielsweise haben mit ihrer Habilitation die Befähigung zur eigenständigen Lehre und Forschung an Hochschulen erworben. Sie engagieren sich nach der Erteilung einer Lehrbefugnis aktiv und erfolgreich in ihrem jeweiligen Arbeitsfeld in Lehre und Forschung. Sie bilden allerdings deutschland- und vermutlich weltweit die einzige Berufsgruppe, die anerkannter Weise hochwertige Leistungen in ihrer Berufsbranche erbringt, ohne dafür vergütet zu werden. Nicht einmal die Vorschriften für den Mindestlohn werden auf sie angewandt. 1973 wurden die Hörergelder abgeschafft, die auch Privatdozenten zugute kamen, und niemals durch etwas Entsprechendes ersetzt. Dabei haben die Privatdozenten oft als einzige Lehrende die Möglichkeit, Lehrveranstaltungen aus ihren jeweiligen Spezialgebieten anzubieten, die nachweislich eine Bereicherung für das jeweilige Lehrprogramm darstellen. Gerade dadurch, dass sie keine Planstelle innehaben, können sie Themen abdecken, die ansonsten an den Universitäten gar nicht mehr oder nur am Rande vertreten sind, wie z.B. Neue Musik, Afrika-Studien, Urban Agriculture / Gardening. Damit wird ein erkennbarer Beitrag zur Diversifizierung der Lehre geleistet und folglich nicht zuletzt zur Verwirklichung der Ideale von Freiheit und Wahrheit, die ein gesellschaftlich wertvolles Gut darstellen. Angesichts der Tatsache, dass die Universitäten in Deutschland einerseits eine derartige kostenlose Arbeit fest in ihrem Budget eingeplant haben und daher nicht bereit sind, die Titellehre angemessen zu bezahlen, und dass andererseits die einzige Alternative zur Vergütung der Arbeit von Privatdozenten, die in der Beantragung von Drittmitteln besteht, inzwischen so überlaufen ist, dass die Erfolgsquote auch für sehr gute Anträge nur noch um die 20% beträgt, droht dieser Gruppe die Gefahr, durch Prekarisierung beseitigt zu werden. In Berlin sind die Privatdozenten qua Gesetz Hochschullehrer bzw. Hochschullehrinnen. Sie sind vollgültige Mitglieder, wenn auch nicht Angehörige, ihrer jeweiligen Universität. Sie wählen in der Gruppe der Professoren. Mit ihren zahlreichen Publikationen dienen sie dem Renommee ihrer jeweiligen Fachbereiche. Ihre Studierenden sind häufig dankbar, bei ihnen eine engagierte Lehre und wirkliche Betreuung erfahren zu können. Mit dem Versuch der Beseitigung oder Marginalisierung der Privatdozenten geben die Universitäten insofern die Ideale der Freiheit von Forschung und Lehre und vor allem das Ideal der Lehre als einem der Forschung gleichwertigen Gut endgültig und zum Schaden ihres Lehrangebots sowie der Studierenden auf. Doch nicht nur die finanzielle Situation führt zur Ausgrenzung der Privatdozenten. Auch auf institutioneller Ebene wird versucht, sie mit Hilfe von rechtswidrigen Maßnahmen aus dem Universitätsbetrieb auszugrenzen, wobei der wesentliche Grund für diese Schikanen in ihrer institutionellen Unabhängigkeit liegen mag, sind sie doch in ihrer Arbeit weder den Vorgaben von Politik und Wirtschaft noch denen von Universitätsleitungen oder den Interessen der Kollegen auf festen Stellen unterworfen. Zu diesen Maßnahmen gehört z.B. die rechtswidrige Ankündigung von Lehrveranstaltungen, die von Privatdozenten angeboten werden, außerhalb der Module im Vorlesungsverzeichnis. Studierende sehen dieses Lehrangebot bei der Erstellung ihres Semester-Programms also gar nicht oder sie sehen es, besuchen solche Lehrveranstaltungen jedoch nicht, da sie dort keine ECTS-Punkte erwerben können. Protestiert der oder die von der Maßnahme Betroffene gegen eine solche Maßnahme, durch welche er oder sie von ihrer Hörerschaft auf unzulässige Weise getrennt wird, und wird die Zuweisung der Lehrveranstaltung zu einem Modul doch auf dem Rechtsweg erwirkt, dann sind die ersten Semesterwochen verstrichen und die Studierenden bleiben der Lehrveranstaltung dennoch fern, da sie zu diesem Zeitpunkt ihre Semester-Planung längst abgeschlossen haben und nicht mehr ins Vorlesungsverzeichnis schauen. Bestenfalls findet sich dann noch eine minimale Teilnehmerzahl – die die Institutsleitung bei passender Gelegenheit als weiteren, scheinbar unwiderlegbaren, objektiv-quantitativen 'Beweis' nehmen können, dass derartige Lehrveranstaltungen von niemandem gewünscht werden. Anstelle solcher Marginalisierung der Privatdozenten ist sowohl eine ungehinderte Ermöglichung der Lehre als auch eine angemessene Vergütung ihrer Tätigkeit zu fordern. Weiterlesen: www.privdoz.de Zur Kritik europäischer Hochschulpolitik hrsg. von Paul Kellermann / Manfred Boni / Elisabeth Meyer-Renschhausen, Springer / VS Wissenschaft Wiesbaden
Auf dem Sommer-Colloquium der Deutschen Gesellschaft für Philosophie in Jena wurde diskutiert, warum es jetzt sinnvoll ist, dass ein Privatdozent in Bayern, Günter Fröhlich, mit Hilfe des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) den Freistaat verklagt, weil er die Verpflichtung zu unentgeltlicher Titellehre für nicht (mehr)rechtmäßig hält. Der DHV mit Sitz in Bonn, dominiert von Juristen, unterstützt diese Klage, weil seinen Rechtsgelehrten klar ist, dass die entsprechende Klage von Richard Faber (von der Freien Universität Berlin), die 1994 scheiterte, heute von den Gerichten mit Rücksicht auf europäisches Arbeitsrecht in der Europäischen Union anders beurteilt werden muss.
Dazu hieß es in der taz – die tageszeitung am 26.12.2016 in einem Artikel „Der beherzte Philosoph“ links von Sabine Seifert unter anderem: „Dass er im Café jobbt, ist Günter Fröhlich nicht peinlich. Aber dass ein Kultusminister glaubt, Privatdozenten unterrichteten aus bloßer „Freude an der Lehre“, hat den Philosophen empört. Schließlich gilt der Mindestlohn. „Die müssen mir recht geben“, sagt er. „Ich bin da ganz zuversichtlich.“… Günter Fröhlich… hat das Land Bayern verklagt, weil er mindestens zwei Semesterwochenstunden im Jahr unterrichten muss, wenn er seine Lehrberechtigung behalten will. Unentgeltlich. Das findet er im Zeitalter des Mindestlohns erstens „unsittlich“ und zweitens „unzeitgemäß“. Im braunen Parka steht Günter Fröhlich an der „Steinernen Brücke“, die einst die einzige Verbindung über die Donau zwischen Wien und Ulm war… Günter Fröhlich mag Regensburg. „Ein Traum von einer Stadt“, sagt der 47-Jährige, der kenntnisreich durch die Stadt führt. Kapellen und Kirchen, „Judensau“ und Eselsturm, Domschatz und die vielen Renaissance- und Fachwerkhäuser, keines gleicht dem anderen. Regensburg war eine römische Handelsniederlassung, katholisch geprägt; nur die Universität ist jung, 1962 gegründet. Hier hat sich Fröhlich 2005 mit einer Arbeit über „Die Einheitlichkeit der ethischen Begründungen bei Immanuel Kant, Max Scheler und Edmund Husserl“ habilitiert. Seither durfte er sich Privatdozent nennen, ein Titel für habilitierte Wissenschaftler ohne Lehrstuhl. Eine typische Universitätskarriere: Fröhlich war wissenschaftliche Hilfskraft, Mitarbeiter, Assistent, Gastprofessor an der Universität Ulm, wo er heute noch einen Lehrauftrag hat. Doch dass er dort unterrichtet, zählt nicht für die Titellehre: Laut Bayerischem Hochschulpersonalgesetz sind Privatdozenten oder „apl. Prof.“ dazu angehalten, mindestens einen Kurs von zwei Wochenstunden im Jahr zu geben, und zwar an der Universität, an der sie sich habilitiert haben. Sonst verliert der Betreffende seine Lehrberechtigung, und dann hätte Fröhlich gar nicht außerplanmäßiger Professor werden können. Und vergäbe jede Chance, später einmal ordentlicher Professor mit einem ordentlichen Gehalt zu werden. Mit 47 kein unbescheidener Wunsch. Günter Fröhlich hat im Dezember 2014 beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BVGH) Popularklage eingereicht – dort kann jeder klagen, der sich in einem durch die Landesverfassung gewährten Grundrecht verletzt sieht. „Ein Entscheidungstermin steht noch nicht fest“, heißt es beim BVGH. Ob es zu einer Verhandlung kommt oder das Urteil schriftlich erfolgt, ist ebenfalls offen. Fröhlich hofft auf eine Anhörung… Weil er gern auch mit Leuten redet, arbeitet er an zwei Tagen in der Woche im Café Drei Mohren, unweit seiner Wohnung… Das Drei Mohren ist nicht groß, ein Zwischending zwischen Café und Weinbar, mit alten Fliesen und einem stilvollen Tresen, in dessen Auslagen Kuchen und Quiches ruhen. Im Regal liegen Exemplare von Fröhlichs neuem Buch, „Der Affe stammt vom Menschen ab. Philosophische Etüden über unsere Vorurteile“. Wer will, kann es kaufen und mit dem Autor ins Gespräch kommen. „Wie geht’s, Günter?“, fragt ein Stammgast, der neben der Buchauslage sitzt. „Ich schlage mich so durch.“ Peinlich ist das dem Günter nicht, dass er hier arbeitet. Warum auch? Neben Philosophie hat er Geschichte studiert, mit einem Schwerpunkt auf Verfassungsgeschichte. Der Verfassungsausschuss des Landtags hat sich in seiner Stellungnahme Fröhlichs Argumentation freilich nicht angeschlossen. Dort heißt es: „Rechtlich ist die Titellehre nicht als Pflicht ausgestaltet, sondern als Obliegenheit.“ Eine Art (un)freiwillige Selbstverpflichtung zur Lehre – das Land kann sie nicht einfordern. Es darf aber dem, der ihr nicht nachkommt, das Recht aberkennen, als Privatdozent oder außerplanmäßiger Professor zu unterrichten. „In der Realität ist es damit doch Pflicht“, meint Fröhlich. „Ich halte das für Erpressung.“ Fröhlichs Engagement in eigener Sache begann, als er eines Tages im Drei Mohren dem Regensburger Landtagsabgeordneten Franz Rieger von der CSU seine Situation schilderte. Der versprach, beim Bayerischen Kultusminister vorzusprechen – und fand dort kein Verständnis. „Es besteht für niemanden – nicht einmal mittelbar – ein irgendwie gearteter Druck, Privatdozent zu bleiben“, schrieb Kultusminister Ludwig Spaenle daraufhin an den „lieben Franz“. Die Privatdozentur sei in erster Linie „für Menschen bestimmt, die Freude an der Lehre haben und diese gerne neben ihrem eigentlichen Broterwerb betreiben“. Fröhlich hat Spaß an der Lehre und möchte diese als Broterwerb betreiben. „Da war ich schon sauer“, sagt er – und beschloss zu klagen. Seine Begründung hat er allein verfasst, sich vorher beraten lassen. Er sieht in der Regelung ein „Berufzugangshindernis“ und damit seine Handlungsfreiheit und den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Etwa 200 Privatdozenten gibt es allein an der Uni Regensburg, schätzt Fröhlich. Bundesweit dürften es, sagt Sascha Sven Noack, Justiziar beim Deutschen Hochschulverband, zwischen 5.000 und 7.000 sein, die meisten in den Geisteswissenschaften. „Eine Statistik gibt es nicht.“ Noack ist dankbar dafür, dass Fröhlich vor Gericht zieht. Seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 1994 habe sich das niemand mehr getraut. Damals hatten zwei Berliner Privatdozenten geklagt; das Gericht entschied, eine Semesterwochenstunde unentgeltliche Lehre sei zumutbar. Das Urteil von 1994 sei von der Realität „überholt“, meint Noack. Seit der Bologna-Reform wurde das Unterrichtssoll für Privatdozenten überall auf zwei Semesterwochenstunden hoch gesetzt, in Baden-Württemberg sogar auf vier. Bei zwei Wochenstunden bleibt es ohnehin nicht, rechnet Günter Fröhlich vor: Vorlesungen vor- und nachbereiten, Hausarbeiten betreuen. Er muss sogar Prüfungen abnehmen. „Da hört es wirklich auf.“ In diesem Sommersemester sei er auf 220 Stunden gekommen, sagt Fröhlich – und er hat nicht mal Anspruch auf ein Büro. Die GEW Bayern hat eine Solidaritätserklärung herausgegeben. Die Titellehre zementiere „prekäre Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen“ und betreibe „eine vorsätzliche Dualisierung des wissenschaftlichen Arbeitsmarktes“. Kollegen klopfen Fröhlich zustimmend auf die Schulter, aber niemand auf der Leitungsebene „wagt es einfach mal, einen Privatdozenten zu bezahlen und damit eine Klage zu provozieren“, sagt Fröhlich. Der Regelsatz bei Lehraufträgen beträgt zwischen 30 und 70 Euro, erklärt Sascha Sven Noack vom Hochschulverband in Bonn. Das sei wahrlich nicht viel Geld… Fröhlich sieht sich als „praktischer Philosoph“, er hat im Bereich der Medizinethik an der Uniklinik Regensburg gearbeitet, eine Mediationsausbildung absolviert. Acht bis fünfzehn Bewerbungen pro Jahr schickt er raus, schätzt Fröhlich – bei 52 liegt die Altersgrenze für eine Verbeamtung in Bayern. „Das ist politisch alles so gewollt“, sagt er, und seine Stimme wird zum ersten Mal erregter. Doch selbst wenn der Bayerische Verfassungsgerichtshof zu seinen Gunsten entscheidet, tritt damit nicht eine Neuregelung in Kraft. Die muss Bayern dann ausarbeiten…“
Es ist erfreulich, dass die Presse, die seit über 16 Jahren bzw. sogar 26 Jahren regelmäßig auf die neue „Dozentenfrage“ aufmerksam gemacht wurde, sich des Themas endlich annimmt. Wenn auch leider nach wie vor nicht besonders reflektiert oder kritisch. Denn nach wie vor interessieren sich leider sämtliche Parteien für die Universitäten nicht und setzen daher in der Regel ungeeignete und an den Unis uninteressierte Personen als Kultus- oder Wissenschaftsminister ein, wie es einem Artikel im Berliner Tagesspiegel einige Tage vorher hieß.
Im Folgenden soll die Situation der PrivatdozentInnen (PD) beschrieben werden, die als ein Symptom für den im deutschen Universitätssystem vorherrschenden und zunehmenden Verschleiß von Qualifikationen und menschlichen Ressourcen gesehen werden muss. Die Lage der Privatdozenten und Privatdozentinnen ist in Deutschland prekär: Sie haben sich durch eine sehr lange Studien-, Ausbildungs- und oft auch Arbeitszeit für eine Professur qualifiziert. Nach Abschluss der Habilitation – also meist mit ungefähr 40 Jahren – sind sie auf der Suche nach einer Professur, dabei meist ohne Einkünfte, denn die Stelle oder das Stipendium sind dann in der Regel ausgelaufen. Diese Suche kann sich bekanntlich lange hinziehen – Durchschnittsdauer bis zum Erreichen einer Professur ist m. W. 6 Jahre, es kann aber gut auch 10 Jahre dauern. PD hangeln sich daher - neben den zeitaufwendigen Bewerbungen - von Projektstelle zu Gastprofessur zu Stipendium zu Vertretung, oftmals unterbrochen von Phasen der Arbeitslosigkeit - dabei vergeht die Zeit. Zwar sind sie einerseits hochausgebildete Wissenschaftler, die softskills wie Durchhaltekraft und die Fähigkeit zum Networking unter Beweis gestellt haben, andererseits sind sie aber aufgrund ihres Alters und der Spezialisierung für keine andere berufliche Laufbahn mehr geeignet - wobei auch gesagt werden muss, dass dieses Problem vor allem Geistes- und Sozialwissenschaftler betrifft. PrivatdozentInnen befinden sich daher in einer grundsätzlich prekären Lebenssituation und leben in einem andauernden Durchgangsstadium – so die Formulierung in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts von 1994. Sie forschen teilweise sogar im Hartz 4-Modus - und dies alles immer im Wissen darum, dass sie letztlich auf die Altersarmut zusteuern. Zu dieser schwierigen Situation trägt nicht zuletzt die sogenannte Titellehre bei, also die Tatsache, dass die PrivatdozentInnen, so Bernhard Waldenfels, zu „kostenloser Lehre erpresst werden“, d. h. gezwungen sind, ohne Bezahlung zu lehren. Bekommen sie vor Abschluss der Habilitation noch bezahlte Lehraufträge, fallen sie mit diesem letzten Qualifikationsschritt hingegen in den Stand eines ökonomisch auf null gestellten Dienstleistungsproletariats, einer Spezies, die selbst innerhalb von Marx’ Systematik der ökonomischen Unterdrückung gesellschaftlicher Gruppen ihresgleichen sucht. Rechtlich gesehen entspricht dem in der Tat ein grotesker Zwitterzustand: Ein PD ist einerseits Mitglied der Hochschullehrerschaft, gleichzeitig aber ausgeschlossen aus der Gruppe derer, die für ihre Lehre bezahlt werden. Einen derart beschämenden und skandalösen Umgang mit qualifizierten Wissenschaftlern gibt es in keinem anderen Land der Welt.
Es muss außerdem darauf hingewiesen werden, dass in allen bisherigen universitären Reformansätzen die Situation der PD nicht berücksichtigt wird. Es wird somit ignoriert, dass es einerseits bereits eine relativ große Zahl an Privatdozenten und Privatdozentinnen gibt – nach Schätzung des DHV zwischen 5000 und 7000 - und dass es andererseits trotz aller tenure-track- Optionen weiterhin viele geben wird; denn die Zahl der jährlichen Habilitationen liegt gleichbleibend bei ungefähr 1600.
II. Für das in Deutschland besonders gravierende Missverhältnis zwischen Anzahl der PD und freien Professorenstellen sind strukturell vor allem zwei Gründe zu nennen: Erstens wurde die Anzahl der Professuren in den letzten zwanzig Jahren immer weiter reduziert und zweitens habilitieren sich in Deutschland besonders viele Wissenschaftler, weil es kaum andere Möglichkeiten gibt, als Wissenschaftler tätig zu sein. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz: Gäbe es mehr Dauerstellen im Mittelbau, dann würden sich zum einen weniger Nachwuchskräfte habilitieren und zum anderen könnten Privatdozenten in den Mittelbau zurückkehren, für den Fall, dass sie keine Professur finden, wie dies z. B. in Frankreich möglich ist.
III. Für eine Verbesserung der Lage der Privatdozenten wäre daher wenigstens dreierlei nötig: 1) Die Wieder-Einführung von Dauerstellen im Mittelbau, 2) eine angemessene Bezahlung der Titellehre – dies wären nach einer Berechnung von Ulrich Obendiek ungefähr 3600 Euro pro Seminar. Wenn diese Forderung nicht durchsetzbar ist, sollte die Titellehre zumindest wie ein Lehrauftrag bezahlt werden. Das würde nach Berechnung des DHV um die 5 Millionen Euro kosten, was im Ganzen gesehen keine sehr große Summe ist. Dieses Geld muss zwar von Seiten der Politik zusätzlich bereit gestellt werden, aber einfordern müssen es zunächst aktiv die Universitäten, statt derart bereitwillig wie bisher von kostenlosen Lehrkräften zu profitieren. 3) Die Einrichtung eines z. B. dreijährigen Gastprofessuren-Programms für PDs - vergleichbar den Gastdozenturen, die durch das Programm zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen gefördert wurden – wäre eine Möglichkeit, die Qualifikation der Privatdozenten und Privatdozentinnen sinnvoll zu nutzen und zugleich die für viele drohende Altersarmut zumindest ansatzweise zu mindern. Auch für eine solche Option sollten sich die Universitäten aktiv einsetzen. In den Verhandlungen über die Gelder, die aus dem Masterplan Qualitätsoffensive Lehre stammen, besteht durchaus ein gewisser Spielraum, den die Universitäten bisher leider ebenfalls nicht zugunsten der PDs genützt haben.
Ulrike Stamm
Auf der Mitgliederversammlung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bamberg Ende September 2016 wurde zur Frage des Umgangs mit dem Mittelbau diskutiert. Frage war: soll der Mittelbau im Vorstand der DGS explizit vertreten sein, wäre eine Art „Quotenregelung“ sinnvoll? Interessant war, dass manche Jüngere nicht wussten, dass sie noch gar nicht so sehr lange überhaupt Mitglied werden dürfen, während manche Hochschullehrer die Debatte als Angriff auf die Prof. missinterpretierten, wahrscheinlich wohl deshalb, weil sie auf die Lage der anderen bisher keine Gedanken verschwendet hatten. Ein sicherlich nicht beabsichtigter „Ausschluss“ ist der DGS leider unwillentlich doch unterlaufen. In der auf dem Soziologiekongress „Geschlossene Gesellschaften“ in Bamberg am 28.9. vorgestellten Statistik der Mitglieder der DGS fehlt die Kategorie der Privatdozenten und Privatdozentinnen (PD). Sicherlich ein Versehen. Es ist schwer, sich vorzustellen, dass „ausgewachsene“ PD nach im Durchschnitt etwa zwölf bis 15 Jahren forschenden Arbeitens für die Erstellung einer Dissertation und eines „Second Book“ ausgerechnet bei der DGS ernsthaft allein unter „Arbeitssuchend“ oder unter „Mittelbau“ subsumiert werden. Nach dem Berliner Hochschulgesetz gehören die PD nicht zum Mittelbau, sondern zu der Hochschullehrerschaft. Sie sind zwar keine Universitätsangehörigen, aber doch Mitglieder ihrer jeweiligen Universität. Das ist eigentlich in den meisten anderen Bundesländern ebenso, und ganz besonders dort, wo es den PD gelungen ist, im Gesetz wieder explizit genannt zu werden bzw. auch gewisse Rechte wieder zurück zu erhalten. Die Gesetzesnovelle von 2002, das Ergebnis einer neoliberalen „Reform von oben“, vorbereitet von der Bertelsmann-Stiftung resp. deren Forschungseinrichtung „CHE“, die man heute an den meisten Universitäten wieder sehr sehr kritisch sieht, hatte die PD – und zwar wohl durchaus in böser Absicht (Stichwort „Verschrottung“ !) - sozusagen einfach „ausgelassen“. Infolge der gleichzeitig anlaufenden „Sparprogramme“ (allein die Soziologie verlor u.W. ca. 50 % ihrer Stellen, anderen Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Fächern ging es ähnlich ) verschwanden die Chancen auf Anstellung für viele PD ins Unendliche, während die Universitäten sie gleichzeitig ungeniert als kostenloses Lehrpersonal einsetzten. (Zumal die Abkehr vom alten Abrechnungswesen, den PD in kleinkrämerischer Manier etwa Kopier-Kosten aufbürdet, statt sie für Prüfungs- und Betreu-ungsleistungen angemessen zu entgelten.) Einem derartigen Umgang mit anerkannten Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen resp. unbezahlten HochschullehrerInnen, hätten zumindest die Ethikkommissionen der verschiedenen Fachgesellschaften eigentlich schon lange widersprechen müssen.
Bericht über den Workshop „Zukunft der Titellehre“, Universität Jena
Die Deutsche Gesellschaft für Philosophie (DGPhil) e.V. lud am Donnerstag, den 19.5.2016, zu einem Workshop zur „Zukunft der Titellehre“ an der Universität Jena ein, der als „Vernetzungstreffen gegen unbezahlte Arbeit“ intendiert war. Dort wurde u.a. in einem Referat des Juristen Sascha Sven Noack, Justiziar beim Deutschen Hochschulverband (DHV), festgestellt, dass das einzige Urteil, das zur Frage der Titellehre je gesprochen worden, jenes von 1994 sei, also jenes, das auf Klage einer Gruppe um den Berliner Privatdozenten und Soziologen Richard Faber zustande kam. Damals behauptete das Bundesverwaltungsgericht in einem mager begründeten Urteil, die Nichtbezahlung der Titellehre wäre rechtens. Anschließend habe es – so der Referent - dazu verblüffend wenig wissenschaftliche oder juristische Auseinandersetzungen gegeben. Tatsächlich sei heute bei genauerer Betrachtung jedoch außerordentlich fraglich, ob man einem PD oder apl. Prof. als Hochschullehrer eine unbezahlte Lehre aufzwingen dürfe und ob das nicht vielmehr ein unlauterer Eingriff in seine Berufsfreiheit sei. Damals suggerierte das Bundesverwaltungsgericht, dass das Bundesverfassungsgericht festgestellt habe, dass die Nichtbezahlung der Titellehre mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Tatsächlich habe das Bundesverfassungsgericht sich zu dieser Frage jedoch niemals geäußert. Besonders fadenscheinig sei die Begründung, dass die PD die unbezahlte Titellehre zu erbringen hätten zwecks Aufrechterhaltung ihrer Lehrfähigkeit, da sie meistenteils anderswo unterrichteten und man andererseits heute Gastdozenten von Übersee Derartiges keineswegs abverlange. Diese kämen oft ohne einen Funken Lehrpraxis an die Unis. Ähnlich kämen Naturwissenschaftler oder Juristen i.d.R. ohne Habilitation oder unbezahlte Titellehre zu ihren Berufungen oder Stellen. Zudem wäre angesichts der Tatsache, dass wahrscheinlich ein erheblicher Teil der Titellehre in die reguläre BA- oder MA-Lehre eingebunden wäre, die Grenze des Statthaften deutlich überschritten.
Auf der Tagung wurde ein Katalog von Forderungen an die Kollegen, Fachbereiche und Institute erarbeitet, um so die Arbeit der PD und apl. Profs sichtbarer zu machen und ihrer Unbezahltheit entgegen zu arbeiten. Dieses Paper soll demnächst auf der HP der DGPhil publiziert werden.
Vergessen wir nicht, dass auch die sogenannte „Bologna-Reform“ an den Universitäten, gegen die sich gegenwärtig die Studierenden und Lehrenden in vielen Länder Europas in so großer Zahl zur Wehr setzen, weil sie so gut wie alles zerstört, was die Qualität eines Studiums ausmacht nämlich die Gleichheit aller Studierenden; die Möglichkeit mehr als nur »Bascis« zu erlernen; die Möglichkeit mit höheren Semestern in Kontakt zu kommen: die Freiheit, eigene Interesse auszubilden; die Verbindung von Forschung und Lehre-, dass auch diese Reform von einer neoliberalen Politik, die gesellschaftliche Ressourcen privatisieren will, von Anfang an im Namen angeblich Schwacher durchgeführt wurde: nämlich im Namen der Studierenden aus den sogenannten »bildungsfernen Schichten«, die angeblich von zuviel Freiheit an der Universität überfordert wären und denen man darum zu ihrem eigen Besten alles vorenthalten müsse, was den Aufenthalt an einer Universität lohnend und das dort erworbene Wissen gesellschaftlich nützlich macht. Klarerweise hat man diese angeblich bildungsfernen Schwachen gerade durch alle in ihrem Namen getroffenen Maßnamen letztlich jeglicher Möglichkeit beraubt, an der Universität so etwas wie universitäre Bildung jemals auch nur kennen zu lernen ein erstaunlicher Trick neoliberaler Dialektik!„ Robert Pfaller, Wofür es sich zu leben lohnt und was uns das vergessen läßt: Über-Ich, Narzissmus und Beuteverzicht, in: Christoph Menke, Julia Rebentisch, Hrsg., Kreation und Depression. Freiheit im gegenwärtigen Kapitalismus, Berlin 2010, S.191-207, S. 203/204
Siehe hierzu auch die Honorartabelle https://prekaereswissen.wordpress.com/honorartabelle-prekare-beschaftigung/
Die Initiative Berliner Privatdozenten fordert die Politik und die Kultus-Ministerien auf, PD und apl. Prof als freischaffende Hochschullehrer anzuerkennen und Mittel bereitzustellen, um den aktiv Lehrenden und Prüfenden unter ihnen auf Antrag eine den Lebensunterhalt sichernde Bezahlung der Titellehre (ca. 1300 € im Monat) gewähren zu können, sowie sich zudem für die Einrichtung von mehrjährigen Gastprofessuren einzusetzen, die ausdrücklich für PD ausgeschrieben werden.
Da seit dem Hochschulgesetz von 2002 die Zahl der Professuren im Bereich bestimmter Fächer (bes. Geistes- und Sozialwissenschaften, Künste resp. „Humanities“) stark zurückgegangen ist, könnten so Qualifikation und Unterrichtserfahrungen der PD viel produktiver als bisher genutzt werden. Auf diese Weise käme auch jene Vielfalt von Forschung und Lehre zurück an die Universitäten, die die Studierenden begeistern kann und größere Motivation möglich macht.
Es ist festzuhalten, dass die seit 2002 verbreitete Vokabel „wissenschaftlicher Nachwuchs“ für die PD ebenso unangemessen ist wie früher die Vokabel „Fräulein“ für jüngere Damen. Sie dient einzig und allein dem Zweck, die Privatdozenten „unsichtbar“ zu machen, wie früher die Hausarbeit der Frauen, um sie so besser ausbooten resp. ausbeuten zu können.
Die momentane Kürzungspolitik gegenüber den Universitäten treibt die Universitäten dazu, ausgerechnet die heute sogenannten „Humanities“, also die für Bildung, Soziales und Gesellschaft besonders wichtigen Fächer, zusammen zu streichen oder gar abzuschaffen. Es ist festzuhalten, dass das nicht nur die (Allgemein-)Bildung und damit die Demokratie gefährdet, sondern zudem besonders auf Kosten des weiblichen Geschlechts geht, da sich Frauen nicht davon abhalten lassen, diese Fächer, auch wenn sie weniger Einkommen bringen, bevorzugt studieren und betreiben zu wollen.
Eine Politik, die Universitäten nicht mehr voll ausfinanziert, um sie zu veranlassen, sich „freischaffend“ um vermehrte Forschungszuwendungen zu kümmern, muss auf der anderen Seite auch den Wissenschaftlern ermöglichen, sich frei zu bewegen. Sie sollte daher die Existenz von freischaffenden (Überlebens-)Künstlern unter den unbestallten Hochschullehrern (apl. Prof und PD) anerkennen, indem sie diese entsprechend honoriert, und zudem die Dozentenstellen und Akademischer Rat-Stellen wieder einsetzen, wobei jene bspw. auch die Koordination von Forschungsanträgen übernehmen könnten.
Auf jeden Fall sollten die Universitäten aber mehr Geld erhalten und dieses Geld muss in die Lehre gehen und für die Hochschullehrer aller Altersgruppen eingesetzt werden. Angesichts der derzeitigen starren Struktur mit nur 9% Professoren ist es notwendig, die Universitäten zu veranlassen, vermehrt vernünftig bezahlte Stellen auf Zeit zu schaffen, entsprechend den „Dozenten“ in der ehemaligen DDR oder den Akademischen Ratstellen, die – nach amerikanischem Vorbild - auch für ältere PrivatdozentInnen offen sind. Lehrbeauftragte sollten auskömmlich bezahlt werden und PrivatdozentInnen, die es benötigen, wie erwähnt, nach dem Vorbild Österreichs eine Art Grundgehalt erhalten.
Angesichts der bereits eingetretenen Altersarmut vieler Privatdozentinnen und Privatdozenten ist es sinnvoll und notwendig, die PD, die es wollen und können, vermehrt zu angemessen bezahlten Gastdozenturen und Vertretungsprofessuren etc. heranzuziehen. Die Universitäten, Fachbereiche, Institute und Fachgesellschaften könnten „pools“ erstellen, um ihre PD jeweils bei (infolge Krankheit, Schwangerschaften oder Abwanderung) kurzfristig vakant werdenden Stellen schnell informieren zu können. Sie könnten zudem ab sofort sämtliche Prüfungsleistungen entgelten, dies auch rückwirkend.
Die Unis und Fachbereiche sollten zudem die Leistungen honorieren, die die PD mit ihren Publikationen und unentgeltlichen Beratungsleistungen etc. für die jeweiligen FB und Unis erbringen, indem sie die Homepages der PD aktuell halten. Sie sollten alle Lehrenden, auch die Privatdozenten jeden Semesters, zu einer Konferenz aller Lehrenden betreffs des künftigen Lehrbedarfs einladen und auf ihren FB- und Instituts-Homepages die PD als unbezahlte Hochschullehrer ebenso bekannt machen wie die fest angestellten.
Bologna und das Verfassungsgericht http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/bologna-system-kleine-reform-eines-grossen-irrtums-14236530.html
Dozent klagt den Freistaat Bayern http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/philosoph-guenter-froehlich-klagt-gegen-uni-regensburg-a-1087936.html
Liegt Streik in der Luft? ALLE RÄDER STEHEN STILL, WENN… Streik gegen die Bildungsmisere?
Die Beschäftigungsmisere in der Wissens- und Bildungsarbeit ist in aller Munde. Die Freien Bildner*innen werden schlecht bezahlt, die Uni-Mitarbeitenden haben mehrheitlich keine Beschäftigungsperspektive. Um hier etwas zu verändern, reicht Reden und Kritisieren nicht mehr. Ist Streik dann das Mittel der Wahl? Wir wollen die Möglichkeiten und Probleme von Streiks zu Verbesserung der Situation in der Wissensarbeit diskutieren. Wie konfliktfähig sind wir bei dem geringen Organisierungsgrad der Zielgruppe? Wem schadet der Streik eigentlich wirklich, wo doch so viele quasi Selbstunternehmer/innen in Soloselbständigkeit sind? Wie können Einbußen abgefedert werden? Was wären sektorübergreifende und auch gut mobilisierende Zielstellungen?
Dazu lädt das Netzwerk Prekäres Wissen zu einer offenen Runde von Diskussion und Erfahrungsautausch ein.
26.4.2016 | 19 Uhr Rosa-Luxemburg-Stiftung | Franz-Mehring-Platz 1 | Raum 120 (S-Ostbahnhof, U-Weberwiese)
Wir bitten zur Planung um Anmeldung per E-Mail (prekaeres.wissen@gmx.de)
http://prekaereswissen.wordpress.com
Prekäre Wissenschaft http://www.heise.de/tp/news/Wissenschaftler-als-prekaerer-Beruf-3152849.html
Noch eine Ausnahme vom Mindestlohn, die nicht hinnehmbar ist: Prof. Peter Grottian schreibt http://privdoz.de/c/se?p=pd/vonwegen
Peter Grottian lädt zu einem Treffen ein: http://privdoz.de/c/se?p=pd/einladung
Initiative Berliner Privatdozenten c/o PD Dr. E. Meyer-Renschhausen 10783 Berlin Bülowstr. 74 030 261 22 87 http://privdoz.de
Offener Brief an den Staatsekretär Dr. Nevermann, Berlin-Mitte weiterlesen
Elisabeth Meyer-Renschhausen: Wozu noch promovieren? http://privdoz.de/c/se?swf=/ci/av/2012-4mere&v=p Berliner Debatte Initial,12 (2012) 4, 99-113
Elisabeth Meyer-Renschhausen, Die neue Bildungskatastrophe – Zur Lage der Universitäten und ihrer Wissenschaftlerinnen, in: Blätter für deutsche und internationale Politik Heft 11/2012, S. 111-120 http://privdoz.de/c/se?p=pd/meyer1211
Antwort lesen oder download der Antwort des Petitionsausschusses als pdf: http://privdoz.de/c/se?p=pd/petit_senat
---> Und hier unsere Entgegnung auf das Ablehnungsschreiben (Die Entgegnung als pdf: http://privdoz.de/c/se?p=pd/petit_2)
Hier der Text unserer Petition: http://privdoz.de/c/se?p=pd/petition_privdozwik
Ergänzende Hinweise:
Exportweltmeister beim akademischen Überschuß: http://privdoz.de/c/se?p=pd/faz2011
Berufung ohne Beruf. Requiem auf einen Traum. (1./2.7.2012) http://privdoz.de/c/se?p=pd/b-o-b2012
Elisabeth Meyer-Renschhausen, Die neue Bildungskatastrophe. Zur Lage der Universitäten und ihrer Wissenschaftlerinnen, in: Blätter für deutsche und internationale Politik Heft 11/2012, S. 111-120
Zur Kritik europäischer Hochschulpolitik (Das ganze Buch gibts hier: http://www.springerlink.com/content/tm1lq6/)
für Lehrkräfte der Integrationskurse http://www.mindesthonorar.de/
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Das neue BerlHg erlaubt die Trennung von Forschung und Lehre.
Die Initiative hat einiges an Presseresonanzen erreichen können, eine Auswahlliste hier:
http://www.taz.de/Archiv-Suche/!5365533%26s=%26SuchRahmen=Print/
15.3.2012: Die Lehrbefugnis hat ausgedient (Remigius Bunia) http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/umgang-mit-privatdozenten-die-lehrbefugnis-hat-ausgedient-11682809.html oder hier
1.3.2012: Sortiert den PD früher aus (Volker Rieble) http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/debatte-um-privatdozenturen-sortiert-den-pd-frueher-aus-11665462.html
29.2.2012: Privatdozenten sind das Uni-Prekariat (Stefan Laue) http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/akademischer-alltag-privatdozenten-sind-das-uni-prekariat-11657573.html
5.2.2012: Was vom Idealismus übrigblieb (Magnus Klaue) http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/apologie-des-privatgelehrten-was-vom-idealismus-uebrig-blieb-1580812.html
14.3.2011: Die Ausbeutung der Bildungselite. Von Anuschka Guttzeit. Erschienen in „Der Spiegelfechter“ vom 14.3.2011 http://www.spiegelfechter.com/wordpress/5346/die-ausbeutung-der-bildungselite
25.1.2010: Alarmierender Abbau der Universitäten? http://privdoz.de/c/se?p=pd/emrabbau
Elisabeth Meyer-Renschhausen, Reinhard Blomert, Paul Kellermann und Heinz Steinert, Bericht zum Forum für Lehre zum Thema Hochschulpolitik“, in: Karl-Siegbert Rehberg, Hrsg., Die Natur der Gesellschaft - Tagungsband zum 33. Kongress der DGS in Kassel. Frankfurt a.M./New York 2008, Bd.2, S.1219-1235: Bericht zum Forum für Lehre zum Thema »Hochschulpolitik« http://privdoz.de/c/se?p=pd/hochschulpol
2009: Kann man die Aufklärung kommerzialisieren? http://privdoz.de/c/se?p=pd/aufkom
Die GEW sorgt sich um die Honorierung der Lehraufträge: http://www.heise.de/tp/artikel/34/34859/1.html
Lehre ohne Lohn (Die Zeit, 2003) http://www.zeit.de/2003/31/C-Privat-doz
Das Elend der Priv.-Doz. 1980: weiterlesen
Die Gefährdung des wissenschaftlichen Nachwuchses (1923): weiterlesen
Zur Notlage der Privatdozenten (1920, Deutsche Allgemeine Zeitung): weiterlesen
Privatdozent wird man durch Erfüllung von a) Promotion b) Habilitation, die Urkunde der Lehrbefähigung unterschreibt der Präsident der Hochschule, die Lehrbefugnis der Dekan des Fachbereichs an dem man lehren möchte. Mit diesen beiden Zetteln kann man nun völlig unabhängig von anderen seine Lehrveranstaltungen ankündigen und halten. Muß man aber nicht, da bekanntlich Forschung und Lehre frei sind, doch ist der Privatdozent verpflichtet, mindestens 1 Wochenstunde pro Semester zu lesen. Es genügt die Ankündigung, dazu ist er also verpflichtet, nicht aber zur Abhaltung oder Durchführung seiner (angekündigten) Veranstaltung. Dieses seltsame Verwirrspiel resultiert aus dem Gedanken, daß Forschung und Lehre frei sind, und anscheinend die Absicht die angekündigte Lehre auch durchzuführen, ausreicht. Will der Privatdozent, was er in Berlin nach vier Jahren Knechtschaft kann, sich zum apl. Prof. ernennen lassen, so muß er, letztes Gerichtsurteil bedenkend, die angekündigten Veranstaltungen auch durchgeführt haben. Merke: Wenn Du was von der Uni willst, muß Du dafür auch dienern. Leistungen in der Forschung und Publikationen zählen hierbei genauso wie der häufig verwendete Unsinn, daß das Lehrangebot auch das Spektum des Fachbereichs „sinnvoll“ ergänzen muß. Unliebsame Privdoz kann man so vor dem je eigenem Titelwahn bewahren (indem man ihnen keinen apl.-Prof. verleiht) Ich erspare mir hier eine Diskussion über den Begriff „sinnvoll“. Als Bezahlung erhält der Privdoz in vielen Bundesländern 0,0 Euro für seine Semesterwochenstunden. Setzt man dies in Beziehung zu dem vorher gesagten, wie auch zu Hörergeld etc., welches in den 1950/60 Jahren gezahlt wurde, so geht es den Privdoz heute schlechter als z. B. 1920. [siehe unten]
Bestellung zum außerplanmäßigen Professor nur mit Lehrnachweis (Pr.) Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof München führt in seinem Beschluss vom 14. November 2011 (Az.: 7 ZB 11.1686) aus, dass eine lediglich angebotene, aber nicht erbrachte Lehrtätigkeit eines Privatdozenten nicht für die Bestellung zum außerplanmäßigen Professor ausreicht. Der Privatdozent trug beim zuständigen Lehrstuhlinhaber sein Petitum auf Bestellung zum außerplanmäßigen Professor vor. Der Lehrstuhlinhaber lehnte es ab, dem Fakultätsrat die Einleitung des Verfahrens zu empfehlen, da der Privatdozent an der Hochschule nicht tatsächlich gelehrt hatte (sog. Titellehre). Die Klage des Privatdozenten auf Verpflichtung, das Verfahren zur Erteilung der außerplanmäßigen Professur einzuleiten, hatte keinen Erfolg. Das Gericht machte deutlich, dass eine Bestellung voraussetze, dass der Privatdozent seine sechsjährige Tätigkeit als Hochschullehrer im Umfang von mindestens zwei Semesterwochenstunden pro Semester nachweise. Da die vom Kläger angebotenen Lehrveranstaltungen mangels Interesse der Studierenden letztlich nicht durchgeführt worden seien, läge keine ausreichende Lehrtätigkeit vor. Das bloße Anbieten einer Veranstaltung stelle noch keine Tätigkeit als Hochschullehrer dar. (http://www.hochschulverband.de/cms1/newsletter-2012-10.html#c8311)
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