Abgeordnetenhaus von Berlin - 10111 Berlin-Mitte
xxx xxxx xxx Berlin Geschäftszeichen Bearbeiter(in) Zimmer Telefon (030) 2325 - Telefax (030) 2325 - Datum 468/17 Frau Kramm A 002 1473 1478 .09.2012 / Km
Sehr geehrtex xxxx,
die Mitglieder des Petitionsausschusses des Abgeordnetenhauses von Berlin haben Ihre Eingabe beraten, mit der Sie sich für eine Anhebung der Unterrichtspauschale für Privatdozenten und Privatdozentinnen einsetzen.
Hierzu haben wir eine Stellungnahme der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft erhalten. Danach ist die Privatdozentur ein sehr spezielles Rechtsinstitut im Bereich des Hochschulwesens. Privatdozenten und Privatdozentinnen sind zum Erhalt ihrer Lehrbefugnis und damit des Titels „Privatdozent“ oder „Privatdozentin“ verpflichtet, sog. Titellehre zu erbringen. Es wird eine Unterrichtsgeldpauschale von derzeit 76,69 Euro je Semesterwochenstunde gewährt, soweit für die Lehrtätigkeit kein entgeltlicher Lehrauftrag erteilt wird. Zu der gegenwärtigen rechtlichen Ausgestaltung der Titellehre ist zunächst auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 22.6.1994, Az.: 6 C 40/92, zit. nach juris, hinzuweisen. In dieser eine verwaltungsgerichtliche Klage aus dem Land Berlin betreffenden Ent-scheidung leitet das BVerwG aus dem herkömmlichen Begriff der Privatdozentur ab, “dass die allein aufgrund der Lehrbefugnis ausgeübte Lehrtätigkeit des Privatdozenten typischerweise unentgeltlich, nebenberuflich, nicht auf Dauer und nicht als Existenzgrundlage, sondern nur als ‚Durchgangsstation’ für den Beruf eines Hochschullehrers ausgeübt wird.” Mit ausführlicher Begründung stützt das BVerwG die damalige Rechtslage im Land Berlin, die insofern bis heute Bestand hat. Auch ist eine Privatdozentur nicht nur mit Pflicht zur Lehre vebunden, sondern auch mit dem Recht, zu lehren, zu prüfen und an Promotions- und Habilitationsverfahren beteiligt zu sein.
Auch ist festzustellen, dass der von Ihnen bezifferte Betrag von 6000 Euro eine ganz erhebliche Steigerung bedeutete – ungeachtet der Frage, ob sich der Betrag, was aus der Eingabe nicht ohne weiteres ersichtlich ist, auf ein Semester oder ein Jahr beziehen soll und als Vergütung für eine ein- oder zweistündige Veranstaltung gedacht ist. Angesichts der großen Zahl von Privatdozenten und Privatdozentinnen führte eine solch erhebliche Erhöhung der Unterrichtsgeldpauschale zu ganz beträchtlichen Mehrbelastungen der Hochschulhaushalte, ohne dass umgekehrt eine wie auch immer zu bestimmende Vergütung der Titellehre überhaupt der oben skizzierten Eigenart der Privatdozentur entsprechen würde.
Zu beachten ist insofern allerdings auch, dass die Universitäten ihrerseits letztlich keinen bestimmenden Einfluss auf die Anzahl der in den einzelnen Fachdisziplinen vorhandenen Privatdozenten und Privatdozentinnen haben. Das Aufkommen an Privatdozenten und Privatdozentinnen steht damit in keiner inneren Beziehung zum – haushaltstechnisch zu bewältigenden – Lehrbedarf der Universitäten. Somit müssen die Universitäten die Unterrichtsgeldpau-schale auch dann leisten, wenn erkennbar kein entsprechender Lehrbedarf besteht. Titellehre dient im Übrigen, wie auch das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung ausführt, nicht zuletzt dem Interesse der Privatdozenten und Privatdozentinnen. Denn sie ermög-licht insbesondere den Erhalt der (Lehr-) Qualifikation und die Sammlung weiterer hochschulspezifischer Lehrerfahrung, was für solche Privatdozenten und Privatdozentinnen von erheblicher Relevanz ist, die sich noch auf die Berufung auf eine Professur vorbereiten. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte wird gegenwärtig kein dringender Bedarf gesehen, die Unterrichtsgeldpauschale für die Titellehre der Privatdozenten und Privatdozentinnen wie vorgeschlagen zu erhöhen.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Wissenschaft, hat mit seiner Stellungnahme gegenüber dem Petitionsausschuss erklärt, bei der Unterrichtspauschale handele es sich nicht um eine Vergütung für die Durchführung von Lehrveranstaltungen, sondern um eine Abgeltung von Auslagen, die für diese Lehrveranstaltungen entstanden seien. Im Rahmen der so genannten Titellehre hätten Privatdozentinnen und Privatdozenten regelmäßig Lehrveranstaltungen durchzuführen, die zur Aufrechterhaltung ihrer Lehrbefugnis dienten.
Die Erhöhung der Unterrichtspauschale auf die geforderten 6000 € würde eine grundsätzliche Veränderung der Personalstruktur der Hochschule bedeuten und faktisch eine Vergütung für geleistete Lehrveranstaltungen einführen. Dies würde nicht nur eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung nach sich ziehen; es erscheine angesichts des Umstandes, dass es im Rahmen eines Lehrauftrags unproblematisch sei, Lehrveranstaltungen auch durch Privatdozentinnen und Privatdozenten durchführen zu lassen, auch nicht zwingend. Die Regelungen des Hochschulgesetzes über die Personalstruktur müssten von den Hochschulen auch bei der Frage des Einsatzes von Privatdozentinnen und Privatdozenten besser und flexibler genutzt werden. Vor diesem Hintergrund hat der Ausschuss für Wissenschaft angeregt, eine angemessene Anpas-sung der Unterrichtspauschale zum Ausgleich der entstehenden Kosten zu prüfen.
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, die von uns daraufhin ein weiteres Mal um eine Stellungnahme gebeten worden ist, hat nunmehr mitgeteilt, dass dort nach wie vor kein dringender Bedarf gesehen wird, die Unterrichtspauschale für die Titellehre der Privatdozenten und Privatdozentinnen zu erhöhen. Da die aktuell geltenden Sätze der Unter-richtsgeldpauschale über die Verweisungsnorm des § 133 Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) in Verbindung mit § 7 Abs. 2 des Hochschullehrergesetzes und damit kraft Gesetzes fortgelten, würde die Anpassung der Sätze einer grundlegenden Neuregelung des Systems unter Aufhebung des bisherigen § 133 BerlHG bedürfen. Eine entsprechende Regelung wäre als gesetzgeberische Einzelmaßnahme aus Sicht der Senatsverwaltung jedoch wenig sinnvoll. Darüber hinaus bestehe auch kein zwingender Bedarf an einheitlichen landesrechtlichen Regelungen, in welchem Umfang mit der Privatdozentur (Titellehre) verbundene Kosten von der Hochschule getragen werden sollten. Insofern könne erwogen werden, diese Aufgabe künftig auf die Hochschulen zu übertragen. Allerdings sei eine kurzfristige Senatsinitiative zur Änderung des § 133 BerlHG derzeit nicht geplant.
Im Ergebnis müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir im Rahmen eines Petitionsverfahrens und vor dem Hintergrund der uns zugegangenen Stellungnahmen nun keine Möglichkeit mehr sehen, Ihre Bitte, für die Titellehre eine höhere Vergütung zu erhalten, noch weiter zu unterstützen. Die Bearbeitung Ihrer Eingabe müssen wir daher mit diesem Schreiben abschließen. Da uns zu Ihrem Anliegen Unterschriftenlisten zugegangen sind, wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie unser Schreiben, soweit Ihnen dies möglich ist, bekannt geben könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Kugler