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Liebe Aktive und Unterstützer / Unterstützerinnen der „Initiative Berliner Privatdozenten“ Wir wünschen Ihnen allen ein gutes Neues Jahr 2013!

Im letzten Jahr hat die Initiative Berliner Privatdozenten an vielen Stellen auf die neue Universitäts-Misere aufmerksam gemacht, die in der Lage der PDs, der apl. Professoren und der hundsmäßigen Bezahlung der Lehrbeauftragten besonderen eindrücklichen Ausdruck findet. Als Gruppe haben wir beim Staatssekretär als auch bei den drei großen Universitäten in Berlin auf das fehlende Engagement von Politik und Verwaltung für eine auch nur entfernt angemessene Anzahl von anständig entlohnten Hochschullehrern aufmerksam gemacht. Am besten wird die Misere der universitären Lehre und die mißliche Lage der PDs derzeit vom Deutschen Hochschulverband DHV vertreten. Einige von uns hatten Gespräche mit den Vertretern einiger Parteien, erfreuliche Gespräche, die sehr positiv aufgenommen wurden, wenn auch bisher nichts Konkretes daraus gefolgt ist. Weitere derartige Gespräche sollen folgen. Es gab zudem einen Brief- und Emailwechsel sowie Telephonate mit Vertretern der GEW (Dr. Anders Keller vom Hauptvorstand), von ver.di (Frau Susanne Stumpenhusen, Vors. von ver.di Berlin.). In zumindest einer längeren Radiosendung wurde auf das neue Dozentenelend infolge von Sparpolitik und Phantasielosigkeit der Politik hingewiesen; die Misere der Universitäten als Ganzen wurde in Radiosendungen ständig thematisiert, wobei besonders der ignorante Umgang mit den Universitäten seitens Politik und Wirtschaft kritisiert wurde (http://news.feed-reader.net/5496-universitaeten.html#8307721). Und es gab im Deutschen Bundestag eine Anhörung zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses, wie man seitens der Politik neuerdings 85% der Beschäftigten an den Universitäten zu nennen pflegt. (Wahrscheinlich um sich so besser darüber hinweg trösten zu können, daß die meisten dieser 85 % nur Jahresstellen erhalten oder sogar zudem auf halben Stellen arbeiten müssen oder aber als PDs, apl. Profs. und /oder als Lehrbeauftragte nahezu resp. ganz ohne Honorar arbeiten müssen.)

Anfang des Jahres machte eine Serie von Artikeln im Mittwochs-Feuilleton der FAZ auf die infolge einer falschen Sparpolitik zunehmend desaströse Lage der Mehrheit der Universitätsdozenten und insbesondere der Privatdozenten aufmerksam, darunter mehrere Beiträge aus Berlin u.a. von Stefan Laube und Remigius Bunia. Gegen Ende des Jahres erschien in den „Blättern für deutsche und internationale Politik“ ein Aufsatz „Die neue Bildungskatastrophe“ und zum Jahreswechsel erschien (hier im Anhang) der Aufsatz „Wozu noch promovieren?“ über das Herunterwirtschaften der Universitäten und Wissenschaftskultur im Lande. (Auch auf unserer HP zu finden)

Am 2.1.2013 wurde im Deutschlandradio über anderthalb Stunden eine Debatte zur Finanzierung der Universitäten durch Forschungsaufträge der Industrie gesendet. Der Vertreter des DHV sprach sehr kritisch über die zunehmende Fremdfinanzierung der Hochschulen, die Freiheit von Forschung & Lehre sei ernsthaft bedroht. Etwa würden die Hälfte der Forschungsergebnisse (die negativen nämlich) der Öffentlichkeit vorenthalten. Schon jetzt sei es so, daß medizinische Forschung nur noch und ausschließlich in englischsprachigen Organen publizierbar sei, die dem Normalverbraucher (und etwa damit auch den meisten fachfremden Forschern, Journalistinnen etc.) auch deshalb nicht mehr zugänglich wären, weil diese Zeitschriften sich rasant verteuern würden.

Am Samstag, den 5.1.2013, erschien in der Süddeutschen Zeitung ein Artikel, in dem sich der neue DFG-Chef Peter Strohmeier für eine ausreichende Grundfinanzierung der Universitäten auch aus Bundesmitteln aussprach. (http://news.feed-reader.net/5496-universitaeten.html#8307721)

Er unterstützte damit das Bestreben der Bundesministerin Schavan, das Föderationsverbot für den Bereich der Universitäten wieder zu lockern. Was u.E. als Nächstes aussteht, ist eine Initiative gegen solche Auswüchse wie das fortgesetzte Mobbing von Privatdozenten als der schwächsten Gruppe unter den Hochschullehrern, wie wir es z.B. an der Freien Universität an einigen Fachbereichen beobachten müssen, etwa wenn den PDs das bisher existierende Recht, studentische Hausarbeiten kostenfrei ausdrucken zu können ohne Vorwarnung genommen wird, angeblich um eine neue Juniorprofessur ausreichend „ausstatten“ zu können, oder wenn einige Lehrbeauftragte und PDs zu einem runden Tisch zu Fragen von Lehre, Benotungen und Prüfungen eingeladen werden, andere jedoch nicht oder wenn manche PDs weder Kopiermöglichkeiten, Büros oder sonst welche Hilfestellungen zur Durchführung der Lehre angeboten werden. Wir möchten DHV, GEW und ver.di und kleinere Verbände wie den Deutschen Akademikerinnen Bund (DAB) darum bitten, in den eigenen Reihen entsprechende „Ethik“-Vereinbarungen zu verabschieden. Es ist allgemein bekannt, daß ein unkollegiales Verhalten von einigen Professoren und Verwaltungen gegenüber den materiell schlecht Gestellten in den eigenen Reihen das Gesamtklima in der „Gelehrtenrepublik“ fortlaufend weiter verschlechtern wird, geradezu vergiftet und insofern der Alma Mater als solcher erheblich schadet. Für völlig unverantwortlich halten wir es, wenn und daß einzelne Universitäten wie etwa die Freie Universität die Hochschulpaktgelder zur Verbesserung der Lehre an den Gremien vorbei statt in Zeit- und Gastdozenturen anstatt dessen in den Ausbau von Verwaltungen, Mentoring-Verfahren und E-Learning-Projekten gesteckt haben. Jeder gute Lehrer weiß, wie entscheidend für ein gedeihliches Studieren die „face-to-face community“ von Lehrenden und Lernenden ist, die durch E-learning allenfalls ergänzt, niemals jedoch ersetzt werden kann. Selbstverständlich ist es eine Mogelei seitens der Politik, die Universitäten, die Planungssicherheit brauchen, mit zeitweiligen Sonderprogrammen zu trösten, aber von den Kollegen an den Hochschulen als Hochschullehrern könnte wohl eine etwas phantasievollere und menschenzentrierte Umgangsweise mit solchen Programmen erwartet werden. Als sehr lesenswert empfehlen wir die neue „Forschung & Lehre“ (Heft 1/2013) in der Josef Pfeilschneider, Frankfurt, gegen die Hybris der Helmholz-Gesellschaften deutliche Worte findet, die jetzt schon ihre Forschungsgelder oft kaum ausgeben könnten, geschweige, daß aus ihrer Forscherei immer etwas herauskäme. Sollen die vom Bund gegenüber den Universitäten deutlich bevorzugten „Helmholz“-Forschungsinstitutionen etc. etwa mit dem Berliner Krankenhaus-Zusammenschluß „too big to fail“ gemacht werden? Reinhard Kreckel, Halle, plädiert für den „tenure track“, vorausgesetzt allerdings es würden erheblich (!) mehr feste Stellen, Professuren, geschaffen, während eine Hochschul-Forscherin aus den USA, Cathy Trower, demgegenüber berichtet, daß in den USA gerade unter den Jüngeren zumal den Frauen eine deutliche Abkehr vom Streben nach Lebenszeitstellen zu beobachten sei. Der „tenure track“ würde dort als zunehmend sozusagen allzu altbacken aufgefasst, zumal er an den nordamerikanischen Universitäten auch deutlich abgebaut würde und Frauen die festen Stellen ohnehin deutlich seltener erhielten. Pierre Frath aus Reims warnt vor dem vorschnellen Aufgeben der europäischen Muttersprachen, da das Niveau von Forschung und Lehre dadurch drastisch gesenkt würde und die anglophonen Wissenschaftler einen zusätzlichen „Heimvorteil“ zugespielt bekämen, was sich schnell zu einer Art Monopol auswachsen könne. Klaus Bayer aus Hannover erläutert die Zerstörung der geisteswissenschaftlichen Prüfungskultur als Ergebnis des Bachelor-Studiums mit ihren die Professorenschaft zeitlich überfordernde ewigen Prüfungszwängen. Und Marcus Kracht aus Bielefeld plädiert dafür, daß die Universitäten sich endlich wieder auf das ihnen Eigentliche besönnen, nämlich in Ruhe über die kommende Gesellschaft nachzudenken, etwa darüber: wie gestalten wir die alljährlichen Schrumpfungsraten in der Postwachstumsökonomie nach Überschreiten des „Peakoils“?

Herzliche Grüße

für die Initiative Berliner Privatdozenten Elisabeth Meyer-Renschhausen, Januar 2013

resum.txt · Zuletzt geändert: 2016/02/18 10:40 (Externe Bearbeitung)

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